Tumorschmerzen

Einleitung

Für viele Menschen ist die Diagnose "Krebs" ein Schock. Zunächst wird einem die Endlichkeit des Seins mit aller Brutalität in das Bewußtsein gerufen. Die Lebensplanung zerbricht und nicht selten weicht jeglicher Lebensmut den Gefühlen von Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Manchmal drängen sich auch aggressive und anklagende Empfindungen in den Vordergrund - und man fragt sich: Warum bin gerade ich von einer so schrecklichen Krankheit betroffen?
Als nächstes verbinden viele damit die Vorstellung, daß Schmerzen unbeeinflußbar und ein zwingend notwendiger Bestandteil von Tumorerkrankungen sind. Die Angst vor Schmerzen und vor einem Sterben in Schmerzen ist oftmals genauso stark wie die Furcht vor dem Verlust von Körperfunktionen. Wir wissen heute, daß nicht alle Krebspatientinnen und Krebspatienten unter Schmerzen leiden. Man muß aber davon ausgehen, daß etwa 80 % aller Tumorkranken zu irgendeinem Zeitpunkt ihrer Erkrankung Schmerzen verspüren. Natürlich ist die ursächliche Behandlung der Tumorerkrankung mit allen Möglichkeiten der Operation, Bestrahlungsbehandlung, Chemotherapie, Hormontherapie etc. das, was an erster Stelle steht. Aber sobald Schmerzen auftreten, ist es sinnvoll und notwendig diese konsequent und ausreichend zu behandeln. Denn die Kräfte und Energien, die notwendig sind, um sich tagtäglich mit den Schmerzen auseinander zu setzen, brauchen Sie viel notwendiger, um gegen den Krebs an zu gehen. Schon allein deshalb ist es falsch, die Zähne zusammen zu beißen und den "Helden" zu spielen. Es stellt sich deshalb immer wieder die Frage:

"Beherrsche ich den Schmerz oder beherrscht der Schmerz mich?"

Daher ist die Schmerzbehandlung bei bösartigen Tumorerkrankungen eine besondere Herausforderung für die Medizin. Heute gelingt es in 90 Prozent der Fälle, den Tumorschmerz zu lindern. Diese Information soll Ihnen als Betroffenem Mut machen und Ihnen aufzeigen, wie der Tumorschmerz zu besiegen ist. Als Angehörige wollen wir Sie ermutigen, den Patienten durch seine Krankheit zu begleiten.

Dennoch können und wollen wir nicht verschweigen, dass immer noch zahlreiche Patienten an ihrem Tumorleiden sterben. Als Schmerztherapeuten sehen wir es als unsere Aufgabe an, unsere Patienten und ihre Angehörigen auch auf diesem letzten Weg zu begleiten.

Ein Problem wollen wir dazu gleich am Anfang ansprechen: Häufig äußern Schmerzpatienten oder Familienangehörige Bedenken, daß Analgetika, besonders Opioide (d. h. Morphium und morphinähnliche Mittel, die direkt im Gehirn wirksam werden) zur Abhängigkeit führen könnten. Diese Angst ist unbegründet, weil die bei chronischen Schmerzen verabreichten Opioide ihren Wirkstoff so verlangsamt abgeben, daß es nicht zu den von Drogenabhängigen erwünschten kurzen Glücksgefühlen kommt, die letztendlich zu einer Sucht führen. Die dem Schmerzzustand angepaßte und auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmte medikamentöse Behandlung ist wesentlich. Denn Lebensqualität für Sie ist nur ohne oder mit geringen Schmerzen vorstellbar! Die Spirale: Schmerz >Angst > Depression > Verzweiflung kann durch Analgetika durchbrochen werden. So verschaffen Sie sich wieder mehr Handlungsfreiheit! Nur mit einer effektiven Schmerztherapie als Basis ist es überhaupt möglich, daß Sie sich mit den für Sie wichtigen Dingen beschäftigen können.

Mit dieser Information möchten wir Sie über die Grundsätze der Schmerztherapie bei Tumorerkrankungen informieren und Ihnen den Umgang mit möglichen Nebenwirkungen der Schmerzmittel erleichtern. Vor allem aber wollen wir Sie in Ihrer schwierigen Situation unterstützen und Ihnen helfen.

Schmerzen? Wie sie entstehen, woher sie kommen

Alle Reize im gesamten Körper, wie etwa eine Berührung der Haut, werden durch spezielle Nervenfasern über das Rückenmark bis ins Großhirn weitergeleitet und dort wahrgenommen bzw. gefühlt. So können Sie sowohl das zarte Streicheln auf der Haut wahrnehmen, als auch die Schmerzen spüren, wenn Sie sich an einer heißen Herdplatte verbrannt haben. Ob Sie diesen Nervenreiz als angenehmes "Streicheln" oder als brennenden "Schmerz" empfinden, hängt zum einen von der Stärke des Reizes und zum anderen von der allgemeinen Empfindlichkeit der betroffenen ,,gereizten" Stelle ab. Nicht überall im Körper finden sich gleichmäßig viele Nervenzellen - mit den Fingerspitzen beispielsweise kann man sehr gut fühlen und tasten, mit der Haut am Rücken eher weniger gut. Wenn nun die Nervenzellen an den Fingern durch die Hitze gereizt worden sind, wird jede zusätzliche Berührung - auch ein sonst vielleicht als zärtlich empfundenes Streicheln - als besonders unangenehm empfunden.
Bei starken Schmerzreizen bildet der menschliche Körper selbst Mittel, um die Schmerzen weniger stark wahrnehmen zu müssen. Im Gehirn werden körpereigene ,,Schmerzmittel", die sogenannten ,,Endorphine", hergestellt. Diese Endorphine wirken genauso wie die von außen zugeführten starken Schmerzmittel (Opioide). Neben diesen körperlichen Empfindungen spielen selbstverständlich auch die seelischen Vorgänge bei der Schmerzempfindung eine große Rolle. Es ist wichtig, wie der einzelne Mensch einen Reiz wahrnimmt und empfindet: Wann wird die Berührung als angenehm oder als unangenehm empfunden? Eine feste Massage kann als entspannend oder aber als schmerzhaft empfunden werden.
So sind Menschen auch in bestimmten Situationen bereit, Schmerzen hinzunehmen und zu ertragen, zum Beispiel, wenn sie die Notwendigkeit einer schmerzhaften Behandlung akzeptieren. Die Einstellung zu den Schmerzen und der seelische Zustand eines Menschen können somit starke Auswirkungen auf sein Schmerzerleben haben. Besonders Streß und Angst vor Schmerzen können die Schmerzempfindung verstärken. Auf diese Weise kann ein Teufelskreis entstehen, in dem sich Schmerz und Streß gegenseitig verstärken, denn:

Wer Schmerzen hat, fühlt sich belastet, und wer sich belastet fühlt, leidet stärker unter seinen Schmerzen!

Um diesen Kreislauf durchbrechen zu können, ist es besonders wichtig, daß Sie bewußt versuchen, sich zu entspannen.

Schmerzarten
Wir unterscheiden Schmerzen zunächst nach ihrer Dauer in: ,,akut" und ,,chronisch". Akute Schmerzen sind auf den Moment bezogen und von begrenzter Dauer. Diese Schmerzen haben in der Regel eine Warn- und Alarmfunktion: der Körper meldet, beispielsweise nach einer Verletzung, daß irgend etwas nicht in Ordnung ist. Dauern Schmerzen länger als 6 Monate, so sprechen wir von chronischen Schmerzen bzw. "chronischer Schmerzerkrankung". Die Schmerzen sind dann immer (oder meistens) vorhanden und haben ihre Warn- und Alarmfunktion verloren.
Um die Ursachen einer chronischen Schmerzerkrankung herauszufinden, haben wir zunächst sehr viele Fragen an Sie. Wir erlauben uns daher, Ihnen zunächst einen recht ausführlichen "Schmerzfragebogen" zu zu senden, in dem wir Sie nach allem fragen was für uns im Zusammenhang mit Ihrer chronischen Schmerzerkrankung wichtig ist. In vielen Fällen werden wir Sie auch bitten, ein "Schmerztagebuch" zu führen. Für die Zeit der Einstellung einer Schmerztherapie ist es wichtig, den Verlauf der Schmerzstärke zu erfassen. Daher erbitten wir von Ihnen, mehrfach täglich die Stärke Ihrer Schmerzen und Ihre weiteren Beschwerden zu dokumentieren.

Schmerzursachen bei Krebserkrankungen
Wichtig zu wissen ist, daß Tumorschmerzen unabhängig vom Stadium der zugrundeliegenden Tumorerkrankung auftreten können und keinesfalls immer Zeichen für das Endstadium der Erkrankung sind.

Schmerzen können bei Krebserkrankungen aus verschiedenen Gründen auftreten:

Sie können zunächst einmal durch den Tumor selbst ausgelöst werden, zum Beispiel, weil dieser die Durchblutung stört, auf Nerven drückt oder weil er in Knochengewebe einwächst.

Knochenschmerzen
Knochentumoren und Tochtergeschwülste (Metastasen) anderer Tumorarten im Knochengewebe können über den von ihnen erzeugten Wachstumsdruck Schmerzen auslösen. Durch die Freisetzung von Entzündungsbotenstoffen aus dem Tumor und eine entsprechende Reizung bzw. Sensibilisierung von Schmerzsensoren können diese Schmerzen verstärkt werden.

Nervenschmerzen
Zerstört ein Tumor eine Nervenbahn durch Hineinwachsen oder durch den Druck seiner Ausdehnung, so können neben für diesen Nerv charakteristischen Schmerzempfindungen auch Ausfallserscheinungen (Gefühlsstörungen, Lähmungen) oder unnatürliche Nervenreizempfindungen auftreten (sog. neuropathische Schmerzen).

Eingeweideschmerzen
Werden innere Organe durch einen Tumor verdrängt, so kommt es zu Schmerzempfindungen durch Reizung der in diesen Organen oder in dem sie umgebenden Bindegewebe vorhandenen Schmerzsensoren.

Organschmerzen
Auch von einem Tumor verursachte Entzündungen führen zu Eingeweideschmerzen, zum Beispiel bei Schleimhautzerstörungen im Magen-Darm-Kanal, bei Kapseldehnungen oder zum Beispiel der Leber bei Lebertumoren sowie Lebermetastasen. Weichteilschmerzen treten beim verdrängenden Einwachsen von Tumoren in Muskel- und Bindegewebe auf.

Schmerzen durch Sauerstoffmangel
Drückt ein Tumor auf ein Blutgefäß oder wächst er in dieses hinein, so kann es in dem Gewebe, das von diesem Blutgefäß mit Sauerstoff versorgt wird, zu einem Sauerstoffmangel kommen. Ähnlich wie bei einem Herzinfarkt werden aus dem geschädigten Gewebe Botenstoffe freigesetzt. Diese bewirken eine Reizung von Schmerzsensoren und erzeugen Schmerzempfindungen, deren Stärke vom Ausmaß der Gewebeschädigung abhängt.

Aber auch die Krebsbehandlung kann Schmerzen hervorrufen. Dies gilt für die Operation, aber auch für Strahlen- und Chemotherapie.

Darüber hinaus können Schmerzen auftreten, die nur indirekt mit der Krebserkrankung zusammenhängen. Darunter fallen Schmerzen, wie zum Beispiel Wundliegen nach längerer Bettlägerigkeit.

Außerdem können natürlich auch Schmerzen auftreten, bei denen kein Zusammenhang mit der Krebserkrankung besteht.

Die Behandlung von Tumorschmerzen

Je nach Art und Ursache Ihrer Schmerzen werden wir versuchen, Ihnen mit einer angemessenen Therapie zu helfen. Aber auch Sie selbst können einiges dazu tun, um Ihre Schmerzen besser in den Griff und wieder mehr Freude am Leben zu bekommen.

Wie Schmerzmittel Ihnen helfen können
Wenn Sie zu uns in die Behandlung kommen haben Sie fast immer schon eigene Erfahrungen mit Ihren Schmerzen und auch mit einzelnen Schmerzmittel. Dabei haben Sie sich auch gemerkt, daß verschiedene Schmerzmittel unterschiedlich stark wirken. Die Auswahl des Schmerzmittels muß sich nach Ihren Schmerzen richten. Die zuweilen auch schon einmal etwas schwierige Einstellungsphase kann erst dann zufriedenstellend abgeschlossen werden, wenn Sie keine oder kaum mehr Schmerzen verspüren. Dafür kann es auch notwendig sein, zu sehr stark wirksamen Medikamenten zu greifen.

Wichtig ist:
Eine Schmerztherapie muß sich immer nach Ihren Bedürfnissen und Ihrem Befinden richten.

Ziel der Behandlung ist es, daß Sie kaum noch oder wenigstens nur so wenig Schmerzen verspüren, wie Sie als "erträglich" empfinden. Dies ist immer ein subjektives Maß, und kann daher auch nur zusammen mit Ihnen festgelegt werden. Auch dies versuchen wir mit Hilfe des Schmerztagebuches herauszufinden.
Für die Behandlung ist es notwendig, die Schmerzmittel regelmäßig - d.h. nach einem festen Zeitplan - einzunehmen. Durch diese Regelmäßigkeit kann sogar die Dosis der Medikamente reduziert werden. Für die Dauereinnahme sind Medikamente entwickelt worden, deren Wirkung länger anhält. Diese besonders langwirkende Medikamente werden Retardpräparate genannt. Statt beispielsweise nur 4 Stunden wirken diese Medikamente 12, 24 oder sogar 72 Stunden. So wird Ihre Nachtruhe nicht gestört, und Sie müssen auch nicht ständig an die Erkrankung denken.
Um die Schmerztherapie einfacher und übersichtlicher zu gestalten, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Stufenschema entwickelt. Es teilt die gängigen Schmerzmittel in drei Stufen ein. Die Auswahl der Medikamente richtet sich in ihrer Stärke dabei immer und nur nach der Stärke der Schmerzen. Reicht ein Medikament einer Stufe nicht mehr aus, um die Schmerzen hinreichend zu mindern, wird ein Medikament der nächst höheren Stufe eingesetzt.

Stufe 1: nicht opioidhaltige Schmerzmittel
Stufe 2: mittelstarke Opioide & nicht opioidhaltige Schmerzmittel
Stufe 3: starke Opioide & nicht opioidhaltige Schmerzmittel.

Ergänzt werden diese Schmerzmittel vielfach durch die unterschiedlichsten Begleitmedikamente. Deren Auswahl und Dosierung richtet sich in erster Linie nach den unterschiedlichen Beschwerden, die mit den Schmerzen verbunden sein können.

Vorurteile gegenüber Opioiden:
Viele Patienten bekommen immer noch Angst, wenn sie das Wort ,,Morphium" hören. Sie denken, diese Mittel können süchtig und abhängig machen. Eine weitere Vermutung ist: "Mein Arzt habe jede Hoffnung aufgegeben, sonst würden solche Mittel nicht verschrieben." All diese Vorurteile treffen nicht zu! Opioide, d.h. Medikamente, die (früher) aus Opium hergestellt wurden, wie z.B. Morphium werden heute aufgrund der geringen Nebenwirkungen und der hohen Wirksamkeit auch bei anderen chronischen Schmerzerkrankungen, beispielsweise bei Rheuma, über Jahre hinweg eingenommen. Auch durch die langfristige Einnahme von Opioiden werden Patienten mit chronischen (Tumor-) Schmerzen von diesen Medikamenten nicht abhängig, weil die Schmerzmittel ihren Wirkstoff so langsam abgeben, daß nur die Schmerzen bekämpft werden und kein Rauschzustand entsteht. Im Gegensatz dazu hat Sucht den Rauschzustand als Ziel. Dieser tritt nicht auf, wenn die Medikamente wie verordnet eingenommen werden.

Eine Schmerztherapie mit Opioiden (z. B. Morphium) macht nicht süchtig!

Andere Patienten (oder Angehörige) befürchten, daß Opioide ,,zu früh" verordnet werden, so daß sie zu einem späteren Zeitpunkt der Erkrankung nicht mehr wirken. Auch diese Meinung ist nicht zutreffend.

Opioide können ohne Wirkungsverlust über lange Zeiträume eingenommen werden!

Ein drittes Vorurteil besteht in der Befürchtung, Opioide machen teilnahmslos und apathisch, so daß der/die Patient/in nicht mehr klar denken oder in Kontakt zur ihrer Umgebung treten könnten. Auch hier müssen wir ganz klar entgegen halten:

Opioide verursachen in der richtigen Dosierung nicht mehr Müdigkeit als andere Schmerzmittel.

Wichtige Nebenwirkungen:
Die häufigste Nebenwirkung aller Opioide ist eine chronische Verstopfung. Weitere unerwünschte Begleiterscheinungen sind gerade zu Beginn einer Schmerztherapie Übelkeit und Erbrechen. Eine versehentliche Überdosierung von starken Schmerzmitteln kann in seltenen Fällen zu einer Schwächung des natürlichen Atemantriebes führen. Dadurch können Sie kurzzeitig das Bewußtsein verlieren. Deshalb ist es wichtig, daß Ihre Angehörigen oder Freunde von Ihren Medikamenten wissen. Nur dann können sie richtig reagieren, wenn eine solche Schwächung des Atemantriebes auftritt.

Ganz wichtig: Der Atemantrieb wird nicht geschwächt, wenn die Medikamente genau nach Vorschrift eingenommen werden! Ändern Sie deshalb nicht eigenmächtig die Dosierungsvorschriften Ihres Arztes.

Weitere Möglichkeiten, Schmerzmittel zu verabreichen
In einigen Fällen ist bei einer sehr ausgeprägten Schmerzsymptomatik und/oder bei zu starken Nebenwirkungen der Medikamente eine alleinige Behandlung mit Tabletten oder Schmerzpflastern nicht ausreichend oder nicht länger zumutbar. Auch dann ist es keineswegs so, daß diesen Patienten/innen nicht geholfen werden kann. Es gibt jedoch noch andere Möglichkeiten einer wirkungsvollen Schmerzbekämpfung. Häufig angewandte Verfahren sind im folgenden aufgelistet:

Parenterale Schmerztherapie
Wenn die Einnahme von Tabletten oder die Anwendung von Pflastern nicht mehr ausreicht, kann die Gabe der Opioide auf Injektionen umgestellt werden. Schmerzmittel können unter die Haut, in den Muskel oder in die Vene gespritzt werden. Soll die Therapie über längere Zeit erfolgen, kann Ihnen ein fester Zugang, ein sogenanntes "Zentralvenöser-Zugang + Portsystem" wiederholte Injektionen ersparen. Ein Portsystem besteht aus einem kleinen Medikamentenreservoir, das unter die Haut eingepflanzt wird und aus dem ein dünner Plastikschlauch in eine Vene führt. Über dieses System können Medikamente direkt eingespritzt werden oder kontinuierlich über eine kleine Pumpe (s. unten) gegeben werden. Es entfällt die zuweilen mühsame Suche nach einer Vene.
Es gibt für diese Zwecke verschiedene Pumpensysteme, die im allgemeinen so handlich und klein sind, daß sie sogar am Gürtel getragen werden können. Wir füllen diese kleine Pumpe mit dem jeweiligen Schmerzmittel, das Ihrem Bedarf entsprechend kontinuierlich abgegeben wird.

Nervenblockade
Ähnlich wie bei einer Zahnbehandlung wird hier ein örtliches Betäubungsmittel direkt an den Ort der Schmerzentstehung oder in die Umgebung eines Nerven gespritzt. So wird der Schmerzreiz nicht mehr wahrgenommen. Diese Möglichkeit bietet sich leider nur in seltenen Fällen, da die Schmerzen in der Regel von zahlreichen Nerven an das Gehirn weiter geleitet werden, die dann nicht alle betäubt werden können.

Periduralkatheter
Ein Periduralkatheter ist ein dünner Plastikschlauch, der über eine Hohlnadel zwischen den (Lenden-) Wirbeln vor die Rückenmarkshaut vorgeschoben wird. Über diesen Schlauch werden Opioide und/oder Betäubungsmittel verabreicht. In der Regel geschieht dies ebenfalls kontinuierlich über ein Pumpsystem, wie wir es unter 3.1.3.1 schon beschrieben haben. Das Einlegen eines solchen Periduralkatheters erfolgt in der Regel in örtlicher Betäubung und kann beispielsweise in unserem Op-Zentrum ambulant, d.h. ohne stationären Krankenhausaufenthalt erfolgen.

Woran Sie denken sollten
Wir bitten Sie, einige Grundregeln zu befolgen, um die Schmerztherapie selbst aktiv zu unterstützen:

Gehen Sie niemals verunsichert und zweifelnd nach Hause!

Falls Unklarheiten bestehen oder Sie (oder auch Ihre Familienangehörigen) Fragen haben oder irgend etwas nicht verstehen: Fragen Sie uns bitte solange, bis keine Unklarheiten mehr bestehen! Schreiben Sie Ihre Fragen zu Hause auf und besprechen Sie diese mit uns beim nächsten Arztbesuch. Nur so können Sie sicher sein, daß Sie nichts Wesentliches vergessen.

Halten Sie Ihren Medikamentenplan genau ein!

Sie erhalten immer einen von uns zusammengestellten Medikamentenzeitplan. Dieser soll Ihnen bestmögliche Schmerzfreiheit bieten und möglichst Nebenwirkungen verhindern. Ändern Sie die Medikamentenzusammenstellung, die Dosis oder den Einnahmezeitpunkt nicht eigenmächtig! Besprechen Sie mit uns alle neu aufgetretenen Beschwerden! Nur so können wir auch auf mögliche Nebenwirkungen der Schmerzmedikamente reagieren und Ihnen helfen.

Denken Sie bitte daran, daß Rezepte für starke Schmerzmittel (sog. Betäubungsmittelrezepte) nur eine Woche gültig sind! Diese Rezepte müssen immer persönlich - ggf. von einer von Ihnen beauftragten Person Ihres Vertrauens abgeholt werden und dürfen keinesfalls mit der Post zugesandt werden!

Setzen Sie Morphium und Opiate nicht einfach ab!

Wenn Sie starke Schmerzmittel von einem Tag auf den anderen nicht mehr einnehmen, können Kreislaufprobleme, Schwindel, Übelkeit und Schwitzen auftreten. Sprechen Sie deshalb bitte vor dem Absetzen immer erst mit uns.

Trinken Sie bitte nicht übermäßig viel Alkohol!

Die meisten Schmerzmittel wirken beruhigend. Gegen ein Gläschen Bier oder Wein während der Schmerztherapie ist überhaupt nichts einzuwenden. Aber bitte bedenken Sie: in der Kombination mit viel Alkohol können die Schmerzmittel zu schwerer Benommenheit führen.

Vorsicht im Straßenverkehr!

Schmerzmittel können die Aufmerksamkeit und Reaktionsbereitschaft vermindern. Verzichten Sie selbst gegebenenfalls auf das Autofahren oder bitten Sie Ihre Familienangehörigen oder Freunde, Sie zu fahren.

Reden Sie mit Ihren Angehörigen und Freunden über Ihre Medikamente!

Starke Schmerzmittel können bei versehentlicher falscher Anwendung zu schwerer Benommenheit und Atemproblemen führen. Nur wenn Ihre Angehörigen informiert sind, können sie Ihnen in einer solchen Situation helfen.

Spielen Sie nicht den Helden!

Wenn Sie Schmerzen haben oder Ihre Schmerzen schlimmer geworden sind, sprechen Sie mit uns darüber. Verschweigen oder verharmlosen Sie nicht, wenn Sie sich schlecht fühlen! Und denken Sie immer daran, daß nur Sie selbst einschätzen können, wann Ihre Schmerzen ausreichend gelindert sind. Außer Ihnen spürt niemand Ihre Schmerzen!

Was Sie selbst tun können
Häufig kennen Sie Ihren Schmerz viel besser als wir oder jeder andere Arzt. Sie sind für Ihren Schmerz wahrscheinlich der/die beste Experte/in. Und Sie haben wahrscheinlich auch selbst schon vieles herausgefunden, was Ihnen hilft, damit Sie Ihre Schmerzen besser ertragen können. Werfen Sie diese Erfahrungen bitte nicht über Bord, wenn Sie zu uns in die Behandlung kommen. Diese Erfahrungen greifen wir gern auf, wenn Sie uns darüber berichten. Hier sind einige Punkte, die Sie ausprobieren können, um mit Ihren Schmerzen besser zurecht zu kommen:

Versuchen Sie, sich abzulenken!

Konzentrieren Sie sich auf Dinge, die Ihnen besonders viel Freude machen oder auch früher Spaß gemacht haben. Beispielsweise können Sie Ihre Lieblingsmusik hören, lesen, ein gutes Essen genießen oder auch etwas Neues erlernen.

Suchen Sie Kontakt zu anderen!

Nehmen Sie sich Zeit für Gespräche mit Freunden, Spiele, Unternehmungen oder andere Dinge, die Ihnen sonst Freude bereiten. Gehen Sie zum Beispiel mit anderen ins Kino oder ins Konzert. Isolieren Sie sich nicht! Selbstverständlich kann es auch sehr hilfreich sein, wenn Sie eine Selbsthilfegruppe aufsuchen. Im Gespräch mit anderen Betroffenen können Sie Verständnis finden oder auch neue Informationen, Tipps und Ratschläge erhalten. Eine Selbsthilfegruppe in Ihrer Nähe können wir Ihnen gern nennen. Adressen finden Sie auch unter den LINKS dieser Homepage.

Finden Sie heraus, was Ihrem Körper wohltut!

Lassen Sie viel frische Luft in Ihr Zimmer und versuchen Sie zu schlafen, um die schlimmsten Schmerzphasen zu überbrücken. Probieren Sie aus, ob Ihnen kalte oder heiße Umschläge auf den schmerzenden Stellen Erleichterung bringen. Versuchen Sie auch, ob Sie Einreibungen oder Massagen als angenehm empfinden. Und wenn Sie wollen und können, sollten Sie ab und zu spazieren gehen oder leichte Bewegungsübungen machen.

Versuchen Sie, sich bewußt zu entspannen!

Setzen Sie sich an einen ruhigen Ort, trinken Sie vielleicht eine Tasse Tee und lassen Sie Ihren Gedanken freien Lauf. Gelingt es Ihnen nicht oder nur selten, sich zu entspannen, sollten Sie vielleicht eine der anerkannten Entspannungstechniken erlernen.
Autogenes Training, Hypnose, Meditation oder die sogenannte "progressive Muskelentspannung" können sehr hilfreich sein! Sprechen Sie uns bitte an, wenn Sie diese Entspannungstechniken erlernen möchten.